… was klingt wie ein abgeschmackter Witz, war heute für mich traurige Realität.
Aber von vorn: ich benutze das Auto meiner Mutter mit. Die meiste Zeit bin ich ohnehin mit den Öffentlichen unterwegs, aber wie ich ja schon mehrfach angedeutet habe, ist es in meinem Kaff zeitweise schwierig bis unmöglich rauszukommen. Und einkaufen ist mit den Öffentlichen auch nicht gerade spaßig – also bin ich darauf angewiesen, ab und an einen fahrbaren Untersatz zu haben. Der Deal ist allerdings, dass ich meiner Mutter Dinge vom Einkaufen mitbringe, wenn ich das Auto habe, da sie dann ja nicht einkaufen fahren kann. Dummerweise schließt der Deal unvegane Lebensmittel und sogar Wurst mit ein – Ich habe oft und viel mit meiner Mutter darüber diskutiert, doch ihr Standpunkt ist klar – entweder so oder ich muss schauen, wie ich mich fortbewege. Ja, das ist Erpressung, aber da ich kein Geld für ein eigenes Auto habe und es hier auch weit und breit kein Car-Sharing gibt, bin ich darauf eingegangen.
Heute musste ich zur Post und dann noch Getränke kaufen und auch das geht nur mit dem Auto. Als ich den Autoschlüssel holte, gab mir meine Mutter den Auftrag, Salz und Oberländer mitzubringen. Ich musste erstmal googlen, wie Oberländer überhaupt aussehen. Na gut, also bin ich losgefahren und schaute mich widerwillig im Wurstregal um. Schon nach kurzer Zeit wurde mir richtig schlecht und ich fand die f… Oberländer einfach nicht. Schließlich suchte ich eine Verkäuferin und die erklärte mir, sie hätten derzeit keine Oberländer. Oh yeah, hab ich also umsonst gesucht und fast auf den Boden gekotzt… Zurück im Auto ein kurzer Anruf bei meiner Mutter mit der Frage „Brauchst du die Oberländer denn unbedingt heute??? Kann Papa nicht was anderes essen?“ – natürlich braucht sie sie heute, denn mein eingefleischter Papa will heute Currywurst haben… War ja irgendwie klar. „Geh zum Metzger rein und hol dort welche.“. Ich zum Metzger? Neeeeee! Andererseits: es gibt in dem Kaff neben meinem Kaff keinen anderen Supermarkt und zehn Kilometer zu fahren wegen zwei billigst produzierten Supermarkt-Würsten entspricht noch weniger meinen Vorstellungen vom Umgang mit der Natur. Also entschied ich mich doch für den Metzger. Einmal und nie wieder. Beim Anblick der Theke wurde mir schwindlig und ich bekam wieder diesen Brechreiz. Dann musste ich auch noch fünf Minuten warten, weil ein Kind sich nicht entscheiden konnte, welche Wurst es zum Abendessen haben wollte und weil die Kundin vor mir mit der Verkäuferin herumdiskutierte, wieso es das günstige Angebot für Schweinshaxen nicht mehr gibt. Ich war ein bisschen traurig, dass ich die Aufkleber von Veggieman und Co., die mir Angie von Bissen für’s Gewissen am Montag geschickt hat, nicht dabei hatte – die hätten auf der Theke am besten auf Kinder-Höhe bestimmt gut ausgesehen. Allerdings hätte die Verkäuferin das vermutlich nicht so toll gefunden und mich womöglich wegen Vandalismus oder Ketzerei angezeigt. Eine Minute länger und ich wäre gegangen oder hätte mich über die Fleischtheke erbrochen. Wobei, wenn ich mir das recht überlege, wäre das nicht das schlechteste Statement gewesen, frei nach dem Motto: „Ich finde euch zum Kotzen!“.
Auf der Heimfahrt lief im Radio gerade ein Interview mit einem Mann, der als – und das ist kein Witz – Kuscheltier-Schlachter arbeitet. Er erklärte, dass er die Kuscheltiere so „schlachtet“, wie ein Schlachter echte Tiere schlachtet und er wolle damit aufrütteln und schockieren. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob das jetzt so eine Hammer-Idee ist, denn ich denke, niemand, der gern Fleisch ist, wird sich von geschlachteten Kuscheltieren beeindrucken lassen und kein Erwachsener Fleischesser kommt auf die Idee, seinen Kindern oder Enkel an geschlachteten Kuscheltieren zu zeigen, wie grausam die Schlachterei ist. Nein, er geht lieber mit dem Kind oder Enkel zum Metzger und fragt, was für eine leckere Wurst es zum Abendessen will und die Verkäuferin freut sich und schenkt den Kind lächelnd eine Scheibe Wurst zum sofortigen Vernaschen aus der Hand.
Die Aufkleber von Angie